Topcat WM 2024 – Viva il Lago di Garda!

Für Anfang September 2024 war die Weltmeisterschaft der Topcat-Katamarane auf dem Gardasee ausgeschrieben. Alle zwei Jahre trifft sich die Topcat-Familie der Zweihand-K1 und -K2/X und der Einhand-K3/X zur WM. Sollte das nicht eine großartige Chance sein, auf dem traumhaften Gardasee eine Regatta zu segeln?

Verlockend ist die familiäre Atmosphäre in der Topcat-Klasse die Einhandsegler, Paare, Geschwister, Brüder und Eltern mit ihren Kindern zusammenkommen und gemeinsam Regatten segeln lässt. Gerade die WM soll unvergessliche gemeinschaftliche Ereignisse bereiten – vor allem der Gardasee ist dafür legendär! Ende August ging es mit besten Wünschen der CSCM-Mitglieder vom Müggelsee und mit zwei Zwischenstationen nach Campione del Garda. Meine Frau hat mich beim Trailern regelmäßig abgelöst und uns hervorragend ans Ziel gebracht, so eine gute Co-Pilotin sollte mir einige Tage später auf dem K3 noch fehlen!

Blick von den „Schauderterrassen“ entlang nach Campione del Garda/Univela (Foto 1, Autor)

Am Westufer im oberen Drittel liegt die Anlage Univela in Campione del Garda gegenüber vom bekannten Malcesine, was der Wettfahrtleitung viel Spielraum gibt, um bei jedem Wind einen idealen Kurs mit guter Startlinie auszulegen. Die einzigartige, gemeinnützig betriebene Anlage (in Italien gibt es keine Vereine, wie wir sie in Deutschland kennen) hat alles, was sich Regattasegler für eine ambitionierte Wettfahrtserie wünschen und wovon wir nur träumen können: Hostel / Restaurant, mehrere Schlauchboote / Tonnenleger / Sicherungsboote, eine breite Rampe zum schnellen Slippen großer Felder, eine großzügige Bootshalle zur Segelvermessung, Trailerstellplätze, Umkleideräume und Trockenräume für nasse Segelklamotten. Die Anlage liegt außerdem spektakulär unter einer Felswand, die nachmittags den ersehnten Schatten wirft (Foto 1 – im Hintergrund). Leider hatten sich diesmal aber etliche Segler abhalten lassen, sodass nur 48 Boote in den drei Topcat-Klassen starten sollten, obwohl eine großzügige Spende eines polnischen K3-Seglers für sehr annehmbare Kosten gesorgt hatte. Ich hatte damit wenigstens eine Entschuldigung, wenn ich ihn auf dem Kurs dann ab und zu vorgelassen habe.

Am 01.09. gehts nach ein paar Tagen aufbauen, basteln, optimieren, Bootskontrolle und Segelvermessung fürs Practice-Race und zum Test aufs Wasser. Es kommt gleich Hochgefühl auf: Ein wunderbares Gebirgspanorama als Hintergrund, sauberes türkisfarbenes Wasser an der Abrisskante, ein Rauswenden nach schlechtem Start, ein stetiger Südwind bei sehr gutem Speed und schon kann ich mit dem 3. Platz sehr zufrieden sein (Foto 2).

GER1077 vor der Felswand von Campione (Foto 2, Univela)

Die Kenner sagen, wenn die Wetterlage am Gardasee stabil ist, dann gibt es eine stetige Thermik: Dominierender Nordwind, der Vento, herrscht mit richtig Power und mind. 5 Bft. zwischen 05:00-11:00 Uhr und nach der Mittagspause folgt als Ora moderater Südwind bis max. ca. 5 Bft. zwischen 15:00-18:00 Uhr. Für uns sollte es im September

2024 aber ganz anders kommen, gesegelt wurden anstatt der 12 nur acht Wettfahrten. Wenn uns auch die sehr professionelle Wettfahrtleitung langsam an das Revier heranführte, so wurden die Kurse auch bei Hack von Tag zu Tag länger und anspruchsvoller, sodass fast die volle Seebreite ausgesegelt werden konnte.

Nach vergeblichem Warten auf ausreichend Wind am ersten offiziellen Wettfahrtag, dem 01.09.2024, ging es am zweiten Tag mit starkem Vento und Welle in zwei Wettfahrten gleich richtig zur Sache: Bei stärkerem Nordwind läuft bis Campione eine für die Topcats anspruchsvolle und ekelige Welle auf, die mit dem K3 schwer auszusegeln ist und vor allem das Wenden zum Abenteuer machte, weil die Wellen ungewohnt steil waren. In den Böen klatschte so mancher K3-Steuermann im Trapez immer wieder mit dem Hintern in die Wellenkämme. In der 1. Wettfahrt hatte ich mir leider in bester Position beim Zieldurchlauf ein dämliches DNF geholt (Wie kann ich hier nicht verraten!). Iin der 2. Wettfahrt frischte der Vento weiter auf und es gab viele Kenterungen.

Am dritten Tag mit drei Wettfahrten legte der Vento vormittags nochmal zu. Mich hatte es bei einer Gennakerhalse vor dem Leegate erwischt. Das Risiko war für alle Kats groß durchzukentern – und ich habe gefühlt Stunden gebraucht, um wieder aufs Trampolin zu kommen, und echt glücklich und dankbar nach Campione zurückzukommen, das bedeutete also ein zweites DNF für mich! Die letzte Aufgabe war noch, bei beeindruckenden Wellen den scharfkantigen Slip ohne Schrammen zu meistern. Da war aber die Gemeinschaft der Topcat-Segler mit gegenseitiger Hilfe wieder groß, um die Boote heil an Land zu bringen.

Das war ein Tag mit vielen dramatische Kenterungen, bei den K1 hatte es sogar eine verrutschte Kniescheibe und eine hässliche Platzwunde gegeben. Ganz nebenbei hatte es eine sportlich gesegelte Kieljacht von der Größe einer J 80 erwischt, die vorher noch durch unser Feld gekreuzt war: vollgelaufen und kieloben wurde sie an der Anlage Univela vorbeigeschleppt – ja, es muss wohl richtig gehackt haben …

GER1077 mit 2xK3X unter Gennaker (Foto 3, Univela)

Es war schön, die mit GPS positionierten und selbstfahrenden Bahnmarken zu haben, aber für uns Einhandsegler im K 3/X und zusätzlich Brillenträger, war es schwer, die Bahnmarken vor allem bei Hack auszumachen. Außerdem war es echt anspruchsvoll, bei Hack an der Luvtonne immer wieder Überhöhe zu vernichten und dabei nicht zu verzweifeln.
In der letzten Wettfahrt an diesem Nachmittag wird es bei viel Sonne und mittlerem Wind bitter für mich – die Wettfahrt wird wegen abflauendem Wind abgebrochen und ich kann direkt vor dem Ziel meinen guten Platz wegen Zeitüberschreitung nicht mehr einfahren – das dritte DNF für mich (Foto 3).

Am vierten Tag ziehen wieder Unwetter mit Gewittern durch, also keine Wettfahrten! Dafür ging es am fünften und letzten Tag in drei Wettfahrten um die finale Platzierung. Morgens konnte ich mich mit dem abflauendem Vento auf Downwind mit einem 10.
Platz über die Ziellinie retten. Nachmittags entschädigte die Ora in zwei Wettfahrten (3., 6.) mit besonders schönem blauem Himmel bei angenehmem Wind vor wunderbarer Kulisse (Foto 4).

GER1077 Richtung Luvtonne (Foto 4, Univela)

Am Ende der WM gibt es Platzierungen für die Allrounder, die in den acht anspruchsvollen Wettfahrten an drei Tagen mit Hack, mit mittlerem und keinem Wind am besten zurechtgekommen waren.

K1: Dominierender Sieger Wolfgang Klampfer mit Sohn Paul (Österreich), der kurz vorher im A-Cat gegen große internationale Konkurrenz die österreichische Meisterschaft gewonnen hatte (9 Pkt.). Wegen der weiteren Österreicher auf den Plätzen 2-3 landeten die WM-Vorjahressieger, Gebrüder Treichel, Steinhude, auf Platz 4 (36 Pkt.).

K2/K2X: Der italienischen Gardasee-Doppeldominanz, folgten Jörg und Karin Nachtwein mit ihrem K2 vom Süßen See/Südharz auf dem 3. Platz, sehr respektabel mit nur einem Punkt Abstand (19 Pkt.), bei einer dramatischen Durchkenterung. Ergebnisse

K3/K3X: Mit seinem K3X hat Christian Agthe, Walchensee, nach langer Auszeit eine überragende Erfolgsserie hingelegt (10 Pkt.), und gezeigt, dass der neuere K3X dem klassischen K3 vor allem bei viel Wind überlegen ist. Unser neuer Weltmeister nutzte jede Gelegenheit, um Meter zwischen sich und die Konkurrenz zu legen – er kann eben auch bei Hack extrem schnell Wenden. In die Gruppe der folgenden K3X hatte sich Dirk Vilsmeier (26. Pkt.) mit seinem K3 als 3. hineingearbeitet, hinter dem 2., Matthias Horstmann, Steinhude, K3X (21 Pkt.). Für mich war mit drei DNF bei acht Wettfahrten, einschließlich einer Kenterung, nicht mehr drin als der 8. Gesamtplatz (63 Pkt.) – wenigstens mit meinem Speed war ich zufrieden! Ergebnisse (nur K3/X)

Wir hatten acht anspruchsvolle Wettfahrten an drei Tagen, an denen sich der Gardasee von allen Seiten gezeigt hat, mit Hack, mittlerem und leichtem Wind und mit Temperaturen über 30 Grad, aber auch mit Gewittern und Dauerregen – und trotzdem viel Spaß! Der Gardasee war in jeder Hinsicht ein herausforderndes Revier, auch mit stetigem Wind und steiler Welle: Im Übrigen bin ich mir bis heute nicht sicher, ob bei Südwind eine Oberflächenströmung entsteht, die einen ganz schön versetzen kann.

Enno Harders
K3, GER 1077
CSCM e.V.

Fotos:
Blick von den „Schauderterrassen“ entlang nach Campione del Garda/Univela (Foto 1, Autor)
GER1077 vor der Felswand von Campione (Foto 2, Univela)
GER1077 mit 2xK3X unter Gennaker (Foto 3, Univela)
GER1077 Richtung Luvtonne (Foto 4, Univela)

Video: (Univela)

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